
Neustart ist für 1-15 Personen konzipiert. Je mehr Personen mitmachen, desto leichter kann es werden, da mehrere Aspekte gleichzeitig betrachtet werden können. Vorausgesetzt, die Kommunikation untereinander funktioniert.
Eine volle Simulationsrunde ist mit 2-3 Stunden zu veranschlagen. Beim ersten Mal wird es wahrscheinlich etwas länger dauern, bis sich alle mit den Abläufen vertraut gemacht haben, wenn kein professioneller Spielleiter zur Verfügung steht.
Ab dem zweiten Tag gibt es Zeitlimits für Entscheidungen, um das Ganze etwas zu beschleunigen und auch realitätsnah darzustellen.
Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass die Zeit sehr schnell vergeht, die Teilnehmer:innen begeistert sind und trotz der Ernsthaftigkeit des Themas auch ein gewisser Spaßfaktor aufkommt und das Ganze teambildend wirkt.
Inhalt
Fast alle von uns haben bereits einen Stromausfall erlebt, aber nur wenige einen Stromausfall, der sich über mehr als ein paar Stunden hingezogen hat.
Kaum vorstellbar sind die Auswirkungen eines überregionalen Stromausfalls, bei dem fast alles stillsteht.
Von zentraler Bedeutung ist die kommunale Vorsorge und Bewältigung. Denn auf dieser Ebene werden die wichtigsten Versorgungsleistungen für das Überleben bereitgestellt, bzw. wird das im Blackout-Fall nur auf dieser Ebene wirklich möglich sein:
- Wasserver- und Abwasserentsorgung
- Krisenkommunikation
- Gesundheitsnotversorgung
- Sicherheit
- Lebensmittelnotversorgung
- Diverse spezifische Herausforderungen (Schulen, Kindergärten, Pendler, Touristen, Landwirtschaft etc.)
Eine Hilfe von außerhalb ist in einer solchen Krise kaum zu erwarten, da ja alle anderen auch selbst davon betroffen sein werden.
Durch die gleichzeitige große Betroffenheit und die eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten durch den Ausfall von Handy, Festnetz und Internet ist nur noch eine Selbstorganisation auf lokaler/kommunaler Ebene möglich. Alles, was dafür jetzt nicht vorbereitet und vorgehalten wird, steht im Ereignisfall nicht zur Verfügung. Das betrifft auch Prozesse. Denn niemand kann einfach zum Telefon oder Smartphone greifen und Hilfe organisieren.
Ausprobieren und durchdenken
Genau hier setzt Neustart an. Die Spieler:innen werden in die Lage der Entscheider:innen einer Kommune versetzt, die gemeinsam versuchen müssen, die auftretenden Probleme zu bewältigen. Viele Dinge hängen zusammen und dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Sonst scheitert man.
Viele Probleme und ihre Komplexität sind zum Zeitpunkt des Ereigniseintrittes noch nicht bekannt. Ebenso wenig, wie lange es dauern wird, die Stromversorgung wiederherzustellen. Die Energieversorgungsunternehmen werden ihr Bestes geben, aber die Spieler:innen haben darauf keinen Einfluss.
Zeiteinheiten
Neustart wird in Tagen gespielt: Jeder Tag besteht aus zwei Zeiteinheiten. In jeder Zeiteinheit treten Ereignisse auf, die von Tag zu Tag umfassender und gravierender werden.
Am ersten Tag stellt sich die Situation noch vergleichsweise entspannt dar: fast alle Menschen haben noch etwas zu essen. Allerdings wird es zu Bränden kommen, da die Bevölkerung mit offenem Feuer hantiert (Kerzen, kochen, heizen) und nicht achtsam genug ist.
Aber schon bald werden in einigen Stadtvierteln die Nahrungsmittel ausgehen, es wird zu Unfällen kommen, Kranke müssen versorgt und die Bevölkerung muss informiert werden, was eigentlich passiert und welche Maßnahmen die Verwaltung ergreift. Genau dieser Punkt wird häufig unterschätzt.
Um all diese Probleme zu lösen, stehen den Spieler:innen „Teams“ zur Verfügung:
- Verwaltung/Bürgermeister
- Feuerwehr
- Polizei
- Rettungsdienst
- Bauhof
Jedes Team hat Kernkompetenzen, kann allerdings auch für andere Aufgaben außerhalb dieser eingesetzt werden. So kann etwa ein Team des Bauhofs auch Brände löschen, jedoch mit einem erhöhten Ressourcenaufwand.
Bei der Koordination der Einsätze müssen die Spieler:innen mehrere Aspekte im Auge behalten:
- Die Teams sind nur bis zu einer gewissen Belastungsgrenze einsetzbar. Danach müssen sie sich erholen und stehen für eine Zeiteinheit nicht mehr zur Verfügung.
- Stellvertretend für die Notwendigkeit, in einer Krise gute und effiziente Kommunikations- und Entscheidungsprozesse zu entwickeln, stehen in jeder Zeiteinheit nur 7 Minuten zur Verfügung. Alles, was nicht innerhalb dieses Zeitlimits entschieden wurde, bleibt unerledigt.
- Fast alle Aufgaben, die nicht gelöst werden, führen zu einer Verschlechterung der Stimmung in der Bevölkerung, bis hin zu Aufstand und Chaos.
- Andererseits kann möglicherweise nicht jede Aufgabe bewältigt werden, da die Zahl der Teams, ihre Belastungsfähigkeit und die Menge der Versorgungsgüter begrenzt sind. Die Spieler:innen müssen daher wie in der Realität Prioritäten setzen. Neustart endet nach 4 bis 7 Tagen. Bei der Entwicklung sind wir davon ausgegangen, dass die Stromversorgung spätestens am achten Tag wieder hergestellt werden kann.
- Die Spieler:innen können dann anhand der bis dahin entstandenen Schäden feststellen, wie gut sie gespielt haben.
Teams

Die den Spieler:innen zur Verfügung stehenden Teams werden auf Tableaus dargestellt. Auf diesen Tableaus sind fünf wesentliche Informationen erkennbar:
- Eine farbige Leiste (grün, gelb, rot) gibt an, wie belastungsfähig das Team noch ist. Immer, wenn ein Team eine Aufgabe übernimmt, wird der blaue Anzeiger (Spielstein) gem. den notwendigen Aktionspunkten von Grün nach Rot gezogen. Bei einer Erholungspause wandert der Anzeiger rückwärts. Liegt der blaue Anzeiger auf dem letzten roten Feld, oder ist das Team in der Erholungspause, steht es in dieser Zeiteinheit nicht zur Verfügung.
- Die weiße Leiste zeigt an, wie viele Versorgungsgüter das Team gerade transportiert – in diesem Fall zwei Einheiten (rote Steine).
- Die graue Leiste zeigt die verfügbare Treibstoffmenge an. Pro Zug von einem Spielfeld in ein anderes wird eine Einheit Treibstoff verbraucht. In diesem Fall stehen noch drei Treibstoffeinheiten zur Verfügung.
- Die Zeile mit den roten Symbolen beschreibt die Fähigkeiten des jeweiligen Teams an. In diesem Fall kann der Rettungsdienst keine Brände löschen, noch Notstromaggregate aufstellen, noch Einrichtungen schützen
- Die Zeile mit den grünen Symbolen beschreibt die Möglichkeit von freiwilligen Aktionen. Der Rettungsdienst kann aber keine Versorgungsgüter sicherstellen. Diese Aufgabe muss von anderen Teams übernommen werden.
Die Stimmung in der Bevölkerung
In Neustart ist ein wesentliches Kriterium für eine gute Krisenbewältigung, dass die Stimmung in Bevölkerung berücksichtigt wird. Ein Blackout führt früher oder später zu weitreichenden Versorgungsengpässen. Die fehlende Telekommunikationsversorgung und Unsicherheit, was mit den eigenen Angehörigen los ist, oder die eingeschränkte medizinische Versorgung werden für vielen Menschen zu einer dramatischen Erfahrung.
Immer, wenn die Versorgung nicht funktioniert, wenn es zu Todesfällen und nicht gelöschten Bränden oder zu Plünderungen und Einbrüchen kommt, sinkt die Stimmung in der Bevölkerung. Wenn die Stimmung zu stark sinkt, entsteht in der Bevölkerung das Gefühl, dass sie im Stich gelassen wird. Dies kann zu Eskalationen, bis hin zu Aufständen, führen, die sich von Stadtviertel zu Stadtviertel ausweiten. Ein Flächenbrand droht, wenn nicht rechtzeitig und richtig interveniert wird.


Diese Situation muss verhindert werden. Denn die Schäden, die durch Aufruhr und Chaos entstehen, würden enorme Folgewirkungen haben und eine rasche Rückkehr zur Normalität verhindern.
Der Gefahr einer chaotischen Entwicklung kann durch eine umfangreiche Information der Bevölkerung deutlich verringert werden. Die Menschen wollen nicht bevormundet werden. Sie wollen aber wissen, was Sache ist und wie geholfen wird. Eine transparente und ehrliche Krisenkommunikation ist das um und auf für eine erfolgreiche Krisenbewältigung. Im Gegensatz zu anderen Krisen habe die meisten Menschen aber während eines Blackouts kaum etwas zu tun und auch kaum Ablenkungsmöglichkeiten. Sie brauchen daher eine gewisse Führung und Beschäftigung und stellen gleichzeitig eine wichtige Ressource dar, die aber erst mobilisiert werden muss. Solange die Menschen im Austausch bleiben und zusammenhelfen, kann eine Eskalation hinausgezögert werden. Wenn sie sich zurückzuziehen und nur auf sich schauen, wird es gefährlich. Das gilt es möglichst lange hinauszuzögern. Denn es gibt immer einen Kipppunkt, wo die Entwicklungen nicht mehr beherrschbar sind. Je schlechter die Vorsorge, desto früher wird dieser eintreten.

Um die Selbstorganisation in der Bevölkerung zu unterstützen, sind dezentrale Anlaufstellen, sogenannte „Selbsthilfe-Basen“ (Kat-Leuchttürme, Informationspunkte etc.) etwa in Schulen, Kindergärten oder Bürgerzentren notwendig. Von dort können
- Notrufe abgesetzt
- Vorräte gelagert und verteilt,
- pflegebedürftige Menschen versorgt,
- eine medizinische Betreuung geleistet oder
- Informationen verteilt werden.
Ein weiterer Vorteil eines Netzwerks aus Selbsthilfe-Basen – die in fußläufig erreichbarem Abstand zueinander liegen – besteht darin, dass die Bevölkerung in Neustart die Verteilung von Versorgungsgütern eigenverantwortlich übernimmt und somit die organisierte Hilfe (die Teams) entlastet.

